NextGen ist hier
Als Nachwuchs sichtbar werdenDie Zukunft ist hier?
Acht Mitglieder hat das Team NextGen. Unterschiedlich alt, unterschiedlicher fachlicher Herkunft, unterschiedlich weit in der akademischen Laufbahn und unterschiedlich in ihren Erfahrungen. Was macht sie und das Projekt zu „NextGen“?
Das Erste, das zu Beginn des Qualifizierungsprogrammes 2021 auffällt, ist, dass diese Gruppe zukünftiger Lehrkräfte und Forschenden an der Hochschule sich und ihre Arbeit in neuer Form darstellt: Eigene Website, einheitliche Teamfotos, persönliche Statements, eine andere Art der Außenkommunikation und des Reportings eigener Arbeiten und Vorhaben. Ist das NextGen? Macht uns das zur moderneren, innovativeren oder einfach nur ein bisschen poppigeren Generation neuer Aspiranten?
Nein. Aber es ist ein wichtiger Bestandteil eines neuen Selbstverständnisses, bei dem nicht nur die eigene Forschungseinrichtung, ein Themengebiet oder Projekt sachlich präsentiert werden, sondern bei der auch die einzelnen Menschen, ihre Herkünfte, Begabungen, Interessen, Kompetenzen und Passionen erzählt und erlebt werden sollen.
„Die Zukunft ist hier“ hat dabei eine doppelte Bedeutung: Einerseits sind wir hier als ein Teil der Hochschul-Zukunft und andererseits bekennen wir uns dazu, die Zukunft für uns selbst hier, an der Hochschule Mittweida, zu planen. Acht Absolvent:innen dieser und anderer Hochschulen entscheiden sich damit auch gegen eine (weitere) Karriere in der Wirtschaft, an anderen Standorten oder mit anderen Optionen.
Damit folgen wir dem Ruf oder Vorschlag unserer Mentor:innen und werden Teil des NextGen-Projektes. Dass das nicht unbedingt nur Freiheiten, Vorteile und luxuriöse Förderung bedeutet ist dabei jedem bewusst. NextGen ist ein Qualifikationsprogramm, das uns zusätzliche Kompetenzen vermitteln und abfordern wird - und zwar auf Basis von klaren Zielvereinbarungen. Wer sich das Qualifizierungsmodell ansieht und das probeweise einmal auf sich selbst oder die eigene Laufbahnentwicklung bezieht wird erkennen: Da ergeben sich für jeden individuelle Herausforderungen und auch harte Arbeit...
Jens Heinrich
Teammitglied NextGen
Anspruch und Wirklichkeit
Wie kann man als frisch zusammengestelltes Team zügig ein erstes gemeinsames Projekt verwirklichen? Was ist möglich zwischen acht Teammitgliedern plus drei Projektmanagerinnen, die sich zuvor noch nie gesehen haben, geschweige denn miteinander gearbeitet haben?
Der erste Auftrag, sich auf der Hochschul-Website als Projekt und Team darzustellen, mündete schnell in die Frage: Genügt es uns als langfristig angelegtes Leuchtturmprojekt unter dem Titel NextGen, auf der noch in Überarbeitung befindlichen Website der Hochschule mit völlig unterschiedlich wirkenden Privatfotos, Texten oder Publikationslisten vorzukommen? Repräsentiert uns eine eher schwer auffindbare Unterseite so, wie wir uns das vorstellen?
Das „Nein“ als Antwort machte aktiv, und schon war der erste Praxisbezug gegeben: Die Verbindung zu meiner beruflichen Praxisherkunft als Konzeptioner, Redakteur und Producer im Feld der Kommunikation. So konnte ich mich direkt einbringen mit Ideen und dem ganz konkretem Gestalten und Realisieren dieser Seite, die uns jetzt als Team NextGen vorstellt. Dass das auf direktes Mit-Engagement aller Teammitglieder und der Projektleitung stieß schien da schon fast normal.
Jens Heinrich
Teammitglied NextGen
Von passiv zu aktiv
Was empfinden wir als „NextGen“ an diesem Ergebnis?
Zunächst ist es ein lebender Beleg dafür, dass wissenschaftlich orientierte Menschen in der Lage sind, ihre Themen und Ergebnisse auch attraktiv und anschaulich zu publizieren. Niemand stellt den Wert einer hochwissenschaftlichen und sachlich formulierten Textarbeit in Frage. Der Sinn des Forschens und wissenschaftlichen Publizierens ist der faktische Erkenntnisgewinn und -austausch, und es ist Intention, eigene Arbeiten und behandelte Fragestellungen für andere Wissenschaftler:innen zugänglich und zitierfähig zu machen.
Aber was ist mit der NextGen der Studierenden? Was ist mit der Öffentlichkeit, den Medien, den Partnern, Mittelgebern und „nur Interessierten“? Zweitrangig? Oder egal?
Meine Meinung ist: Wissenschaft und ihre Ergebnisse müssen zugänglich bleiben. Open Content muss auch Public Content und Understandable Content sein. Dafür braucht es zeitgemäße und Multi-Device-kompatible Plattformen, die uns ermöglichen, unsere Themen, Schwerpunkte und Projekte attraktiv aufbereitet digital zu veröffentlichen. Damit werden wir zu Autor:innen einer NextGen, werden breiter und auch öffentlich wahrgenommen und können vor allem auch digital zitiert, nämlich umstandslos verlinkt werden.
Formate wie TED oder re:publica beweisen längst, dass die Zeit des „unter sich bleibens und schreibens“ in fachlich definierten Expert:innen-Zirkeln vorbei ist. Und Studierende von heute und morgen brauchen auch Lehrkräfte, die sich Kommunikationswegen von heute und morgen öffnen. Das ist auch für uns als selbst noch jüngerer Nachwuchs manchmal herausfordernd. Nichts, das es nicht schon irgendwo gibt, nichts, das nicht ein anderer schon sozial-medial auf irgendeinen Kanal gestellt hat. Und das wird sich nicht ändern.
Also schlage ich vor, nicht passiv zu bleiben, sondern aktiv zu werden und zu versuchen, auch beim Thema Kommunikation der eigenen Inhalte, Themen, Forschungen, Ergebnisse und Vorhaben NextGen zu sein.
Jens Heinrich
Teammitglied NextGen
anders sichtbar sein
Haben wir das mit unserer Selbstvorstellung erreicht?
Institutionen mit traditionsgebundenem Hintergrund kommen erfahrungsgemäß nicht in „fancy look & feel“ daher. Und selbst wenn die Zielgruppe aus jungen Menschen der Generation TikTok besteht wollen beispielsweise Hochschulen ihre Ausstrahlung oft gar nicht ändern. Denn einem zeitgeistigen Außenauftritt steht auch eine manchmal jahrhundertealte Lehr- und Forschungstradition im Inneren entgegen. Da droht beim Relaunch schnell eine Diskussion über Unseriösität, Unglaubwürdigkeit, verspielte Selbstverliebtheit oder aufgesetzte Hip-Attitüde. Eine Diskussion über Wollen und Können. Denn selbst wenn Evolution gewollt ist: Kann das interne Marketing die Veränderung von Look und Content kapazitiv leisten? Es geht nicht nur um die Veränderung von Designs, sondern auch um veränderte Strukturen, sprachliche Anpassungen und einen anderen Stil von Inhalten. Fakultäten, Professorenschaft, Lehrkörper, akademischer Mittelbau, Forschungsgruppen, Studierende, Verwaltung... - alle müssten an einem Strang ziehen und ihre Inhalte neu zusteuern oder überarbeiten. Eine Sisyphos-Arbeit. Da braucht es eigentlich dauerhafte externe Unterstützung. Aber wer soll das langfristig koordinieren und bezahlen? Die öffentliche Hand?
In diesem Kontext können initiative Alleingänge einzelner Gruppen oder Bereiche in Institutionen zwar als Fremdkörper erscheinen - aber eben auch Anregungen und Impulse geben: Photoshop-bearbeitete Einzelporträts, Texte, die sich bewusst von scientific writing lösen, plakative Bilder aus Stockarchiven. Macht das die Selbstvermarktung schon außergewöhnlich? In Wirtschaft und Industrie längst Standard! Und dadurch auch oft austauschbar. Dank Open Source CMS-Systemen sehen Websites von Großkonzernen, Mittelständlern, Institutionen, Hochschulen, Arztpraxen oder dem Verein nebenan inzwischen alle ähnlich aus.
Dennoch merken wir: Notwendige Veränderungen, um den Surf- und Sehgewohnheiten unserer breiten Zielgruppe - nämlich Studierenden, Kolleg:innen und Öffentlichkeit - entgegenzukommen sind nicht trivial. Es reicht nicht mehr, als Profilbild den Fotoausschnitt von der letzten Hochzeitsfeier in Größe 150x150 Pixel hochzuladen, es ist enttäuschend, wenn die eine sich textlich vorstellt, der andere aber nicht, und es ist nicht zeitgemäß, wenn User auf dem Smartphone oder Tablet (denn so wird ein Großteil der Informationen abgerufen) in Inhalten herumzoomen müssen, um etwas zu erkennen.
Also sind wir responsiv, also schauen bei uns Menschen auf großen Fotos auch mal frech zur Seite, gibt es lebendige Unschärfen, andersartige Bildmotive, persönliche Antworten auf einfache Fragen und große plakative Aussagen. Und es gibt Texte in eher wissenschaftsjournalistischem Sprachstil wie z.B. diesen Artikel - als offene Selbstreflexion mit vielen auch unbeantworteten Fragen. Manches auf dieser NextGen Website entspricht nicht den Konventionen, wie sie für wissenschaftliche Publikationen gelten.
Dieser Auftritt soll bewusst „anders“ wirken, für manche Kolleg:innen vielleicht auch „drüber“ oder „drunter“ - je nachdem. Aber das ist ein Angebot zur Auseinandersetzung, und wir stellen uns gerne einem Akzeptanzvergleich bei den genannten Zielgruppen. Denn wir wollen Neues ausprobieren, Diskussionen anstoßen, Impulse geben, Dinge anders machen, für die Hochschule Mittweida auffallen. Und wir freuen uns auf den Dialog!