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Konflikte konstruktiv lösen

Kerstin StrangfeldNextGen, Berufserfahrung / Praxisprojekte Leave a Comment

Konflikte konstruktiv lösen

unter den Herausforderungen von lateraler Führung
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10. April 2024
Konflikte entstehen überall, wo Menschen aufeinandertreffen. Wie wir mit Konflikten umgehen, wie wir sie erkennen, verstehen und lösen können, hat uns Kommunikationstrainerin und Coach Andrea Dufner in einem eintägigen Workshop nähergebracht. Schnell wurde laterale Führung, wie sie an Hochschulen üblich ist, zum Begriff des Tages.

Laterale Führung

das Führen von der Seite
Hierarchien an Hochschulen sind kompliziert. Da gibt es das Rektorat, verschiedene Verwaltungseinheiten, Dekanate, Studiendekan:innen, Professor:innen, wissenschaftliches Personal und weitere Mitarbeitende, deren Vorgesetztenverhältnis nicht immer vollständig klar ist. Professor:innen, Postdocs, Promovierende und anderes Forschungs- und Lehrpersonal sowie Hilfskräfte formieren sich zu Teams, in denen keine Person die disziplinarische Führung innehat. (Nicht zu verwechseln mit der fachlichen Führung, die üblicherweise bei der Professur liegt.) Wenn die Teamführung nicht disziplinarisch vorgesetzt ist, aber das Projekt koordiniert, Aufgaben verteilt und die damit verbundenen Leistungen einfordert, wird dies als laterale Führung, also Führung von der Seite bezeichnet. Diese Art der Führung erfordert Aufmerksamkeit und Feingefühl.

Eigene Grenzen erkennen

Wir begannen den Workshop mit dem Erkennen unserer eigenen Grenzen. Wie viel Raum brauchen wir, um uns wohl zu fühlen? Wie reagieren wir auf Grenzverletzungen? Was wir mittels räumlichen Abständen bei Gesprächen ausprobierten, lässt sich auch auf Leistungsgrenzen oder Grenzen des Einflussbereichs übertragen. Andrea Dufner bezeichnete den Bereich innerhalb unserer Grenzen als unseren Möglichkeitsspielraum.

Wenn wir den Raum kennen, den wir für uns brauchen, dann sollten wir versuchen, ihn zu schützen. Befinden wir uns an unserer Grenze oder wird sie sogar überschritten, können wir auf Einflüsse von Außen oft nur noch reagieren. Das schränkt unsere Möglichkeiten ein. Unser Ziel sollte es deshalb sein, unsere eigenen Grenzen zu kennen und aufrechtzuerhalten. Danach können auch die Grenzen anderer Menschen besser wahrgenommen und respektiert werden.

Vorsicht Falle!

Danach lernten wir Gesprächsfallen kennen, in die wir möglichst nicht tappen sollten. Das sind bestimmte Ausdrucksweisen, Formulierungen, Verhaltensweisen oder eine ablehnende Körpersprache, die beim Gesprächspartner negativ aufgefasst werden können. Solche Gesprächsfallen sind dazu in der Lage, Konflikte zu verursachen oder zu verhärten. Ein Beispiel sind Killerphrasen, auch Totschlagargumente genannt. Den Klassiker der Killerphrasen: „Das haben wir schon immer so gemacht“, kennt vermutlich jede:r. Weitere Gesprächsfallen sind Pauschalisierungen oder unklare Anweisungen. Während unserer Übung am Nachmittag stießen wir auf eine Falle, die nicht gerade offensichtlich ist: Annahmen über Personen, oder Sachverhalte, die auf Vermutungen beruhen. Annahmen können unsere Offenheit gegenüber unseren Gesprächspartner:innen behindern und die Personen im schlechtesten Fall sogar beleidigen. Das verschärft einen bestehenden Konflikt möglicherweise.
Inputsphase während des Workshops

So geht’s.

Natürlich standen den Gesprächsfallen auch positiv wirkende Gesprächstechniken gegenüber. Aktiv zuhören und zusammenfassen sowie eine zugewandte Körperhaltung zum Beispiel. Um uns die Unterschiede vor Augen zu führen, nutzten wir ein kleines Rollenspiel, in dem eine Person eine andere im Büro empfing, jedes Mal auf eine andere Art und Weise. Nur an der Begrüßung konnten wir ablesen, ob sich das Gespräch angenehm und positiv entwickeln wird, oder nicht.

Zudem ordneten wir bestimmten Aussagen Bedürfnisse zu, die eventuell dahinter liegen können. Äußert jemand, dass er den Umgangston im Team schroff findet, kann das bedeuten, dass er:sie  sich nicht verstanden fühlt, mehr Harmonie, Anerkennung und / oder Respekt wünscht. Mit einer Person, die eine Äußerung dieser Art tätigt, sollte man das Gespräch suchen. Das ist ein Beispiel für eine Früherkennung eines sich möglicherweise anbahnenden Konflikts. Aber auch sich selbst kann man auf diese Weise reflektieren und den eigenen Bedürfnissen auf den Grund gehen. Das bringt uns der Erkennung unseres Möglichkeitsspielraums näher.

Wer nichts tut, kann nur verlieren.

Danach wendeten wir uns ganz dem Kernthema des Tages zu, den Konflikten an sich. Konflikten sollte man keinesfalls aus dem Weg gehen, schon gar nicht, wenn man Führungsverantwortung trägt, unabhängig davon, ob sie lateral ist. Werden Konflikte ignoriert, beginnen sie zu wachsen, oder zu erkalten. Je älter und kälter der Konflikt geworden ist, desto schwerer lässt er sich lösen. Das sogenannte Harvard -Modell zeigt auf, wie sich Konflikte immer weiter zuspitzen können und den möglichen Ausgang dabei immer weiter verschlechtern. Bei einem uralten Konflikt, der sich kaum noch entwirren lässt, verlieren immer alle Parteien. Aus sehr frischen Konflikten können dagegen alle als Sieger hervorgehen – dazu gleich mehr. Wir lernten, auf welche Konfliktarten wir treffen können und wie wir Schritt für Schritt zur Lösung kommen. Dabei sollte uns auch klar sein, welches Ziel wir verfolgen. Wem wollen wir eigentlich helfen?
Gehen Sie nicht mit Erwartungen in Gespräche. Erwartungen sind einseitige Verträge, von denen die andere Person nichts weiß.

Andrea Dufner
Kommunikationstrainerin und Coach

Verborgenes

Bei näherer Betrachtung von Konfliktursachen kam heraus, dass die Ursprünge sehr tief liegen können. Unter der Oberfläche, hinter dem Verhalten der Konfliktparteien, können beispielsweise Erfahrungen mit Diskriminierung, eigene Sichtweisen, Werte oder Beziehungen stehen. Unbewusst können aber noch tiefere Gründe vorliegen, die das Verhalten beeinflussen. Es wird nicht immer möglich sein, Muster, Traumata, Sozialisation und ähnliches in klärenden Gesprächen ausfindig zu machen. Deshalb muss mit Konfliktteilnehmenden sensibel umgegangen werden.

Konflikte sind immer schlecht, richtig? Falsch!

Wir lernten Konflikte als Chance kennen. Teams, die Konflikte erfolgreich bewältigen, wachsen enger zusammen. Keine Scheu vor Konflikten zu haben, fördert die Innovation und das Teamvertrauen. Probleme werden häufiger berichtet, das Team fühlt sich ernst genommen, wird freier und kreativer. Diese und weitere positive Effekte treten auf, wenn Konflikte frühzeitig bearbeitet und gelöst werden.

Konflikte sind etwas, das in jedem Team vorkommt. Schaffen wir es, eine positive Konfliktkultur im Team zu etablieren, dürfen wir sie sogar als Chance begreifen. Laterale Führung schränkt zwar die disziplinarischen Maßnahmen ein, schmälert aber das positive Potential von Konflikten nicht.

In einem abschließenden Rollenspiel, versuchten wir das Gelernte umzusetzen. Zwei bis drei Leute pro Team nahmen die Rollen von Konfliktbeteiligten ein.

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