Lehre / Didaktik

Inklusion

Julia WinterlichLehre / Didaktik Leave a Comment

Inklusion

Viele Ansätze, wenig Sichtbarkeit
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4. Februar 2025
In der Lehrveranstaltung „Inklusion und Heilpädagogik“ beschäftigten wir uns mit Best-Practice-Beispielen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Die Studierenden hatten die Aufgabe, deutschlandweit nach inspirierenden Projekten zu suchen, die zeigen, wie Inklusion konkret umgesetzt wird. Dabei sollten sie Ansätze aus verschiedenen Lebensbereichen wie Arbeit, Wohnen, Bildung und Freizeit vorstellen. Die Ergebnisse waren vielfältig und beeindruckend. Doch ein Gedanke durchzog die Diskussionen immer wieder: Es gibt zwar zahlreiche gelungene Ansätze für gelebte Inklusion, aber oft bleiben diese regional begrenzt und finden kaum öffentliche Beachtung – besonders in Sachsen.
Beispiele für gelebte

Inklusion

Die vorgestellten Projekte haben eindrucksvoll gezeigt, dass Inklusion keine abstrakte Utopie, sondern in vielen Bereichen bereits Realität ist. Mit Kreativität, Engagement und oft auch persönlicher Initiative wurden in ganz Deutschland Projekte ins Leben gerufen, die Barrieren abbauen und Menschen mit Behinderung echte Teilhabe ermöglichen. Fünf Beispiele sollen hier noch einmal hervorgehoben werden.

Hofgut Himmelreich

Inklusion im Arbeitsalltag
Das Hofgut Himmelreich in Baden-Württemberg steht für eine inklusive Arbeitskultur, die Menschen mit und ohne Behinderung zusammenbringt. Hier arbeiten sie gleichberechtigt in einem Hotel- und Gastronomiebetrieb. Das Besondere ist nicht nur der inklusive Ansatz, sondern auch die Haltung dahinter: „Wir verändern unsere Gesellschaft.“ Diese Botschaft zeigt, dass Inklusion nicht nur ein organisatorisches Konzept ist, sondern ein gesellschaftlicher Auftrag, der uns alle betrifft.
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ANNAdie gGmbH

Wirtschaftlichkeit und soziale Verantwortung
Die ANNAdie gGmbH schafft Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderung, die gleichzeitig tariflich bezahlt und sozial abgesichert sind. Das Unternehmen kombiniert wirtschaftliche Effizienz mit einem klaren sozialen Auftrag, indem es mindestens 30 % seiner Stellen für Menschen mit Unterstützungsbedarf reserviert. Dieser Ansatz ist nicht nur nachhaltig, sondern beweist, dass soziale Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können.
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ANNAdie gGmbH

Wirtschaftlichkeit und soziale Verantwortung
Die ANNAdie gGmbH schafft Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderung, die gleichzeitig tariflich bezahlt und sozial abgesichert sind. Das Unternehmen kombiniert wirtschaftliche Effizienz mit einem klaren sozialen Auftrag, indem es mindestens 30 % seiner Stellen für Menschen mit Unterstützungsbedarf reserviert. Dieser Ansatz ist nicht nur nachhaltig, sondern beweist, dass soziale Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können.
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6plus4

Inklusion im Arbeitsalltag

In Dresden zeigt das Wohnprojekt 6plus4, wie Inklusion im Alltag gelebt werden kann. In einer selbstorganisierten Wohngemeinschaft leben sechs Menschen mit und vier Menschen ohne Behinderung gemeinsam – unterstützt von der Lebenshilfe Dresden. Dieses Projekt verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderung selbstbestimmt wohnen können und gleichzeitig in einer unterstützenden Gemeinschaft eingebettet sind.

Ein wertvolles Werkzeug zur Förderung der Sichtbarkeit und Vernetzung ist die Übersichtskarte für inklusives Wohnen, vom Bündnis WOHN:SINN . Diese Initiative setzt sich im deutschsprachigen Raum dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt und in aktiver Gemeinschaft mit anderen leben können – etwa in inklusiven WGs, Hausgemeinschaften oder Nachbarschaften. Sie zeigt bundesweit inklusive Wohnprojekte, Initiativen und Angebote und bietet Interessierten sowie Projektgruppen eine zentrale Anlaufstelle, um Ideen und Partner für eigene Vorhaben zu finden.

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CAP-Märkte

Mehr als nur Nahversorgung
Auch die CAP-Märkte leisten einen wichtigen Beitrag zur Inklusion. Als Nahversorger stellen sie Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung bereit, die auf deren Fähigkeiten abgestimmt sind. Gleichzeitig schaffen sie Begegnungsorte, an denen Barrieren zwischen Menschen mit und ohne Behinderung überwunden werden – sei es als Mitarbeitende oder als Kund :innen . Dieses Konzept ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Inklusion im Alltag sichtbar wird.
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Die Thüringer Gemeinschaftsschule Kulturanum ist ein weiteres herausragendes Beispiel, das verdeutlicht, wie Inklusion im Bildungsbereich gelingen kann. Als gebundene Ganztagsschule im Stadtteil Jena-Lobeda ermöglicht sie allen jungen Menschen – unabhängig von Herkunft, Behinderung, Begabung oder anderen Merkmalen – gemeinsames Lernen. Mit ihrer inklusiven Pädagogik und einer gelebten Schulkultur schafft sie nicht nur einen Lernraum, sondern auch einen Lebensraum, der Vielfalt als Stärke greift. Das Kulturanum zeigt, wie Bildungseinrichtungen zu Orten der Begegnung und des Miteinanders werden können.
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Regionale Herausforderungen

Ein Blick auf Sachsen

Während deutschlandweit zahlreiche solcher Beispiele existieren, bleibt Inklusion in Sachsen oft im Verborgenen. Nur vereinzelt gibt es Ansätze, die gelebte Inklusion zu verwirklichen, wie etwa das Wohnprojekt 6plus4 in Dresden. Doch diese Initiativen sind nicht flächendeckend bekannt und haben es schwer, über ihre direkte Zielgruppe hinaus Aufmerksamkeit zu erlangen.

Gerade im ländlichen Gelände fehlen sichtbare Beispiele für Inklusion. Oft bleiben Projekte, die Inklusion erfolgreich umsetzen, in ihren jeweiligen Nischen stecken und dringen nicht in die öffentliche Wahrnehmung vor. Dies ist besonders bedauerlich, denn ohne Bekanntheit bleibt auch die Chance ungenutzt, Nachahmer :innen zu inspirieren oder Fördermöglichkeiten zu erschließen.

Warum Sichtbarkeit entscheidend ist

Die mangelnde öffentliche Wahrnehmung inklusiver Projekte ist ein zentrales Hemmnis für den Fortschritt. Inklusion braucht Sichtbarkeit – nicht nur, um das Bewusstsein in der Gesellschaft zu schärfen, sondern auch, um das Engagement Einzelner zu unterstützen und politisch wie wirtschaftliche Ressourcen freizusetzen. Öffentlichkeitsarbeit könnte dazu beitragen, dass solche Best-Practice-Beispiele aus Sachsen und darüber hinaus bekannter werden und als Vorbilder für andere Regionen dienen.
Ein Aufruf zu mehr Vernetzung und Öffentlichkeit

Die Vielfalt der vorgestellten Projekte zeigt, wie unterschiedlich und kreativ Inklusion gestaltet werden kann. Sie zeigt aber auch, dass wirksame Ansätze oft unsichtbar bleiben. Um das Potenzial solcher Projekte voll auszuschöpfen, braucht es eine stärkere Vernetzung, gezielte Öffentlichkeitsarbeit und eine Plattform, die erfolgreiche Initiativen in den Fokus rückt.

Inklusion ist mehr als ein Schlagwort – sie ist ein Prozess, der auf Austausch, Innovation und Mut zur Veränderung angewiesen ist. Es liegt an uns allen, diesen Prozess zu unterstützen, bestehende Projekte sichtbar zu machen und neue Ansätze zu fördern. Nur so kann Inklusion von der Idee zur gelebten Realität werden – für alle Menschen.

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