Eröffnung des Psychologie-Lab
am Standort CMU in MünchenWie fühlt es sich an, wenn man das eigene Erleben sichtbar machen kann?
Psychologische Prozesse gelten oft als unsichtbar und abstrakt. Im Psychologie-Lab der Campus M University konnten Studierende des Studiengangs Angewandte Medien: Psychologie & Kommunikation jedoch hautnah erfahren, wie diese komplexen Vorgänge messbar und verständlich werden – und wie viel Freude forschungsnahes Lernen machen kann.
Am 3. November hatten wir das große Vergnügen, an der Campus M University drei neue Räumlichkeiten zu eröffnen. Der neue Kreativraum – ein lichtdurchfluteter Ort zum Lernen, Diskutieren und Ausprobieren –, ein weiterer Lehrveranstaltungsraum sowie ein brandneues Psychologie-Lab bieten künftig vielfältige Möglichkeiten. Im Labor können die Studierenden nicht nur mit psychologischen Messinstrumenten arbeiten. Es ist außerdem mit einem Skelett ausgestattet, das den menschlichen Körper für die Lehre zum Anfassen nah bringt, sowie mit Sportutensilien wie Yogamatten und Backrolls, die in sportlichen Übungen in unseren sportwissenschaftlichen Modulen zum Einsatz kommen.
Am Tag der Eröffnung erschienen zahlreiche Studierende unseres jüngsten Bachelorstudiengangs Kommunikationspsychologie, um gemeinsam mit ihren Dozierenden die neuen Räumlichkeiten einzuweihen.
Über die AutoR:innen
Ein Auftakt mit Impulsen
Highlight des Abends waren drei Keynotes von Branchenvertreter:innen, die die Brücke zwischen psychologischer Theorie und realen Anwendungsfeldern schlugen und von spannenden praktischen Einsatzmöglichkeiten psychologischer Messgeräte berichteten.
Den Auftakt machte Frau Dr. Priska Breves von der University of Amsterdam und zeigte den Studierenden, wie Eye-Tracking als „Fenster in die digitale Aufmerksamkeit“ im Zusammenhang mit sozialen Medien genutzt werden kann. Nach einer kurzen Pause erklärte Dr. Yannick Forster von BMW, wie psychologische Messmethoden in der Praxis bei einem Autokonzern zum Einsatz kommen. Den Abschluss des Abends übernahm Kristin Binzer-Wohimacher von Netflix, die ihre berufliche Reise von Google bis zu Netflix berichtete.
Wissenschaft zum Anfassen
Eye-Tracking und EEG im Selbsttest
Der Praxisteil des Abends fand zwischen den Vorträgen statt: Die Studierenden durften selbst aktiv werden und die neuen Messgeräte im Labor ausprobieren.
Besonders im Fokus standen zwei Geräte, die aus der psychologischen Forschung kaum wegzudenken sind: Eye-Tracking und EEG.
Eye-Tracking ist eine Messmethode, die es ermöglicht, die Blicke von Proband:innen nachzuverfolgen und so zu erkennen, was unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht – und was nicht. Das ist wichtig, um beispielsweise herauszufinden, wie Nutzer:innen durch Webseiten oder Apps navigieren oder welche Elemente einer Werbung im Gedächtnis bleiben.
Mit einer Eye-Tracking-Brille erkundeten die Studierenden, wie komplex und zugleich faszinierend unsere Blickbewegungen sind. Das Gerät zeichnet genau auf, wohin wir schauen, wie lange wir verweilen und wie unser visueller Suchprozess abläuft.
Anschließend lassen sich Heatmaps, Scanpaths und Attention Maps erstellen, durch die z. B. festgestellt werden kann, wo die Aufmerksamkeit einer oder mehrerer Versuchspersonen lag.
Was Eye-Tracking misst
- Fixationen: Punkte, an denen der Blick „ruht“.
- Sakkaden: Sprünge zwischen den Fixationen.
- Blickpfade: Reihenfolge aller Fixationen und Bewegungen.
- Pupillengröße: Indikator für Stress, Belastung oder Emotionen.
- Blinzelrate: Hinweise auf Müdigkeit oder kognitive Beanspruchung.
Studentin mit Eye-Tracking Brille
Die Studierenden waren begeistert und nahmen mit Freude an den vorbereiteten Übungen und Versuchen teil. Sie konnten erleben, wie ihre Blickbewegungen auf einen sich bewegenden Punkt in einem Video reagieren oder wie sie Werbebilder wahrnehmen. Besonders spannend war es, als eine Studentin mit der Eye-Tracking-Brille durch den Hörsaal ging und die anderen beobachten konnten, wohin ihr Blick bei der Interaktion mit Kommiliton:innen wanderte.
So erhielten die Studierenden die Möglichkeit zu sehen, was das eigene Gehirn priorisiert – und was es im Alltag ausblendet.
Studierende sehen ihr Gehirn in Aktion
Die Studierenden hatten bei der Eröffnung nicht nur die Möglichkeit, erstmals Eye-Tracking auszuprobieren, sondern auch die Elektroenzephalographie (EEG).
EEG ermöglicht es, Gehirnaktivität sichtbar und in Echtzeit messbar zu machen, indem es Gehirnwellen erfasst.
Studierende der CMU testen das EEG
Das EEG unterscheidet verschiedene Hirnwellenarten
- Delta-Wellen: Langsamste Wellen (0,1–4 Hz), die typisch für tiefen, traumlosen Schlaf sind.
- Theta-Wellen: Etwas schneller als Delta-Wellen (4–8 Hz). Sie treten bei leichtem Schlaf, tiefer Entspannung oder meditativer Trance auf.
- Alpha-Wellen: Treten bei einem wachen, aber entspannten Zustand mit geschlossenen Augen auf (8–12 Hz). Sie nehmen bei Konzentration ab.
- Beta-Wellen: Schnellere Wellen (13–30 Hz), die mit Wachsamkeit, aktiver Konzentration und Problemlösung verbunden sind, sowie mit der REM-Schlafphase.
- Gamma-Wellen: Schnellste Wellen (über 30 Hz), die mit komplexen kognitiven Funktionen wie Lernen, Gedächtnis und Aufmerksamkeit in Verbindung gebracht werden.
Die Studierenden konnten verfolgen, wie sich ihre Hirnwellen veränderten, wenn sie z. B. mathematische Aufgaben lösten oder entspannt waren. Zudem konnten sie ein Videospiel spielen, bei dem sie einen Adler allein durch Konzentration fliegen ließen. Je besser die Konzentration, desto weiter kam der Vogel.
Mit dieser Art des Biofeedbacks ist es möglich gezielt zu üben, sich zu konzentrieren und den eigenen Geist durch Meditation oder Entspannungstaktiken zu kontrollieren.
Wo kommt EEG zum Einsatz?
EEG wird häufig in der Markt- und Werbeforschung genutzt, um zu messen:
- wie aufmerksam Personen Werbung verfolgen
- welche Elemente besonders aktivierend wirken
- welche Inhalte emotional oder kognitiv hervorstechen
So kann beispielsweise sichtbar werden, ob ein Werbespot tatsächlich fesselt – oder ob die Gedanken der Zuschauer längst abgeschweift sind.





